Immobilien. Ein rasendes Zinsumfeld, neue Vorschriften und hohe Baukosten drücken das Geschäft mit Eigentumswohnungen. Das treibt die Nachfrage nach Mietobjekten.
Wien. Derzeit, da viel zusammenkomme, fühle man sich „wie im Auge eines perfekten Sturms“, sagt Johannes Endl, Vorstand beim Immobilienunternehmen Örag. Da sind zum einen die Vergaberichtlinien für Kredite, die sogenannte KIM Verordnung, die seit August 2022 etwa eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent festsetzt. Zweitens: das Bestellerprinzip, das seit heurigem Juli vorsieht, dass die Provision jene Partei zu zahlen hat, die den Makler beauftragt. Dazu kommen gestiegene Bau und Energiekosten, die Bauprojekte verzögern.
Und nicht zuletzt die steigenden Zinsen. Diese verteuern Kredite und machen andere Anlageformen – abseits von Immobilien – aktuell attraktiver. Dennoch kann ÖragVorstand Stefan Brezovich dem Abschied vom Nullzins etwas abgewinnen. Er sieht darin auch eine „Korrekturphase“. Im Bewertungsgeschäft der Örag spricht man von Abwertungen von bis zu 30 Prozent nach einem stabilen Aufwärtstrend, der 15 Jahre dauerte. „Problematisch“ sei aber die Geschwindigkeit: Der rasante Anstieg der Zinsen führe zu Unsicherheiten auf dem Markt und komme im Immobiliengeschäft gar nicht gut an.
Gemeinschaftsorte im Trend
Die Nachfrage nach Eigentumsobjekten bei der Örag ist seit den neuen Kreditvergaberichtlinien um 70 Prozent eingebrochen. Gleichzeitig sei die Quote jener, die tatsächlich einen Kauf abschließen, gestiegen. Einen Trend gebe es zu sogenannten Third Places: zum Beispiel ein Fitnessstudio, Hobbyräume oder eine Gemeinschaftsterrasse in der Wohnanlage. Gerade im Neubausegment könne man die Käufer immer mehr mit solchen Angeboten abholen, wodurch auch kleinere Wohnungen attraktiver würden.
Gleichzeitig gibt es einen enormen Zulauf in den Mietmarkt. Vor allem große Mietwohnungen sind gefragt, besonders Vier bis Fünf-ZimmerWohnungen. Davon gebe es derzeit nicht viele auf dem Markt, sagt die Bereichsleiterin für das Mietgeschäft, Aleksandra Mitrovic. Neu sei, dass bei Neubauten oft schon alle Einheiten vermietet seien, bevor das Projekt fertiggestellt sei. Dieses Phänomen nehme in letzter Zeit zu.
Einbußen beim Honorar
Die Auswirkungen des Bestellerprinzips bei den Maklergebühren wirkten sich bisher eher gering aus, sagt Mitrovic. Pro Vertragsabschluss sei das Honorar deswegen zwar gesunken, es gebe Einbußen pro Fall von etwa 25 Prozent. Dem wirke allerdings entgegen, dass mehr Vermietungen abgeschlossen würden.
Einen generellen Mietpreisdeckel hält Örag Vorstand Stefan Brezovich für unrealistisch. „Politisch sollte man sich eher Gedanken darüber machen, das Angebot zu erhöhen.“ (klug)
Quelle: DiePresse (14.09.2023)